Podiumsdiskussion zur Landtagswahl am 14. März

Von der Schwierigkeit beim Klimaschutz Ziele und Maßnahmen zur Deckung zu bringen

BUND-Online-Podiumsdiskussion

Der BUND-Ortsverband Sigmaringen lud 4 Kandidat*innen des Landkreises Sigmaringen für die Landtagswahl zu einer Online-Podiumsdiskussion ein. Der BUND organisierte diese Diskussion mit Moderator Gerhard Stumpp, da bei anderen Veranstaltern Klima- und Umweltschutz sowie Fragen der Artenvielfalt meist zu kurz kommen.

Zunächst ist erfreulich, dass alle 4 Kandidat*innen die Wichtigkeit der Bekämpfung der Klimaüberhitzung mit 99 bzw. 100 Punkten auf einer Skala von 1 bis 100 sehr hoch einschätzen. Allerdings blieben sie insbesondere bei der Mobilitätswende und beim Straßenbau teilweise weit hinter den Erfordernissen einer Klimaneutralität bis spätestens 2050 zurück.

Klimaschutz

  Beim Klimaschutz ist für Andrea-Bogner-Unden ( Grüne ) Eile geboten und sie tritt für eine höhere Bepreisung von CO2 ein, schrittweise innerhalb von 10 Jahren bis zu 180€. Diesen Betrag errechnet das Umweltbundesamt für die von 1 Tonne CO2 verursachten Schäden. Außerdem sieht sie viele Möglichkeiten der CO2-Reduktion beim Verkehr und beim Bauen z.B. durch Dämmen und Holzbauweise. Darüber hinaus tritt sie für Moor- und Waldschutz, aber auch für CO2-neutrale Technologien ein.

  Klaus Burger ( CDU )betont, dass gerade BaWü. Klimaschutz-Technologien als Chance für die Wirtschaft begreifen sollte. Auch Klimaprojekte in anderen Ländern, die BaWü fördert, sollten bei CO2-Berechnungen einbezogen werden. Wasserstofftechnologie und synthetische Kraftstoffe seien wichtig. Würde ein hoher CO2-Preis schnell eingeführt, könnten wir unsere Industrieprodukte nicht mehr exportieren. Wenn wir CO2-neutral werden, tut eine hohe CO2-Bepreisung nicht mehr weh.

   Björn Brenner ( FDP ) sieht im Kreis Sigmaringen den Vorteil des vielen Waldes: Holz als nachwachsender Rohstoff, Bäume als Klimasenke. Eine CO2-Verteuerung ist für ihn kein Weg. Einen CO2-Handel mit gedeckelten Mengen hält er aber für sinnvoll. Dadurch könnte die Wirtschaft motiviert werden, weniger CO2-auszustoßen und auch neue Technologien einzusetzen. Beispiel: Wasserstoffbetriebene Züge. Er betont, dass Umstellungen Zeit bräuchten. Privat bekomme er demnächst eine Holzpellet-Heizung.

  Wolfgang Schreiber ( SPD ) will bei der Frage der Klimaneutralität auf realistische Ziele setzen und realistische Maßnahmen wählen. Der Ausgleich zwischen Ökologie und Ökonomie hätte früher beginnen sollen. Er schlägt vor: Weniger Autos, mehr ÖPNV, Elektroautos, neue Möglichkeiten im Wohnungsbau mit weniger Flächenverbrauch, Abschaffung der Massentierhaltung. Er beklagt die derzeit extrem niedrigen Transportkosten  zu Lasten von LKW-Fahrern, die wenig verdienen.

  Bei der Frage von G. Stumpp, ob man im Jahr 2021 noch Erdgas- oder Ölheizungen bei Neubauten oder Ersatzheizungen für öffentliche Gebäude z.B. Kindergärten, Gemeindehallen oder Krankenhäuser einbauen dürfe, gab es unterschiedliche Antworten.

  Für Klaus Burger sind Heizanlagen immer ein Kostenfaktor. Gesetze erlauben freie Entscheidungen. Auch bei einer Kombination von Erdgas mit Solarenergie seien ökologisch vorbildliche Anlagen möglich.

  Für Wolfgang Schreiber sind Öl und Gas out. Den Kommunen solle man helfen, mit erneuerbaren Energien und nachwachsenden Rohstoffen zu arbeiten.

  Für Björn Brenner werden fossile Brennstoffe auch in Zukunft eine Rolle spielen. Er nennt aber auch viele regionale Beispiele für erneuerbare bzw. mit nachwachsenden Rohstoffen bestückte Heizungen. Z.B. die Holzhackschnitzel-Anlage im Klinikum Albstadt. Regenerativ-Heizungen seien aber oft teuer, ohne Förderprogramme ginge es hier nicht.

Kein Kalkabbau im Donautal, Biodiversität

  Beim Thema Biodiversität sprechen sich die Vertreter*innen von FDP, SPD und Grünen für eine Streichung des Projekts ´ Abbau hochreiner Kalke am Mittelberg bei Thiergarten- Beuron ´ im Natura-2000-Gebiet aus. Andrea Bogner-Unden war Rednerin bei einer Demonstration im Juli 2017 im Donautal und führte verschiedene Gespräche mit der Landesregierung zu diesem Thema. Klaus Burger empfindet bei dem Projekt Bauchweh. Andererseits würden die seltenen hochreinen Kalke für verschiedene Zwecke gebraucht, z.B. auch für Zahnpasta.

Mobilitätswende, Straßenbau

  Beim Thema Mobilität steht die Haltung der Kandidat*innen zur Neutrassierung der B311/313 im Fokus. Die Maßnahme steht im Bundesverkehrswegeplan 2030 im vordringlichen Bedarf mit Planungsrecht ab 2025. Der Landkreis und mehrere Kommunen sind bereit, 8-10 Millionen € aus eigenen Mitteln zu bezahlen, um das Planungsverfahren zu beschleunigen. Das dafür zuständige Land BaWü wollte ab 2025 mit der Planung beginnen. Der vom Landkreis eingestellte Planer Thomas Blum und das team ewen für Konflikt- und Prozessmanagement aus Darmstadt treiben aktuell die Planungen voran.

  Wolfgang Schreiber betrachtet Straßenplanung als Landesaufgabe. Aber er begrüßt Ortsumfahrungen, will aber keine autobahnartige Neutrassierung. Bemühungen um weniger LKW-Verkehr seien wichtig. Er wolle keine ´Amazonisierung ´ der Wirtschaft. Er sieht einen Widerspruch zwischen Straßenneubau und Mobilitätswende.

  Für Klaus Burger muss die Planung bis 2030 fertig sein, um die Mittel aus dem Bundesverkehrswegeplan zu bekommen. Er rechnet mit mehr als drei Jahren „Vorsprung“ durch die kommunale Planung. Die LKWs müssten raus aus den Dörfern. Die Wirtschaft brauche eine leistungsfähige B 311. Ihre Erträge ermöglichten die Finanzierung von Naturschutz und Klimaschutz.

  Für Björn Brenner ist die Planungsdauer schwer abzuschätzen. Bundesstraßen seien Entwicklungsachsen, im Kreis Sigmaringen gebe es Probleme bzw. Nachholbedarf bei der Infrastruktur. Nicht nur Amazon, auch andere Betriebe bräuchten LKW-Transporte. Langfristig sei mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern. Er befürwortet einen schrittweisen Abschied vom Verbrennungsmotor und setzt auf neue Technologien.

  Für Andrea-Bogner-Unden wird hier kommunales Geld verschwendet. Das Land könnte ab 2025 mit großem Stab planen. Alle Lösungen seien schwierig. Straßen zögen Verkehr an und sie wolle keine autobahnähnliche Ost-West-Achse im Landkreis. Kleine Lösungen für Gemeinden seien denkbar. Sie setzt unter anderem auf die Reaktivierung der Ablachtalbahn für industrielle und private Nutzung.

Zum Schluss bedankte sich Moderator Gerhard Stumpp bei allen Akteuren und äußerte die Hoffnung, dass Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede bei den Kandidat*innen deutlich geworden seien.

Gerhard Stumpp